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Cinq-Mars hatte den König zu überreden versucht, Richelieu zu entlassen, worauf Richelieu dem König
eingeredet hatte, Cinq-Mars konspiriere gegen die Krone. Bei der Hinrichtung in Lyon war der
Verurteilte dem Henker mit kecker Würde gegenübergetreten, doch dieser hatte seinen Hals in so
unwürdiger Weise zerstückelt, daß die aufgebrachte Menge dann ihn zerstückelte.
Als Roberto bestürzt protestieren wollte, kam ihm der Kardinal mit einer Handbewegung zuvor. »Still,
San Patrizio«, sagte er, und Roberto hatte den Eindruck, daß er diesen Namen benutzte, um ihn daran
zu erinnern, daß er Ausländer war; zudem sprach er französisch, obwohl er ja italienisch mit ihm hätte
sprechen können. »Ihr seid den Untugenden dieser Stadt und dieses Landes erlegen. Wie Seine Eminenz
der Kardinal zu sagen pflegt, die übliche Leichtgewichtigkeit und Flatterhaftigkeit der Franzosen läßt sie
die Veränderung herbeisehnen, weil sie am gegenwärtigen Stand der Dinge Überdruß empfinden. Einige
dieser leichtgewichtigen Edelmänner, die der König jetzt auch um ihren Kopf hat erleichtern lassen,
haben Euch mit ihren aufsässigen Reden verführt. Euer Fall ist so gelagert, daß er kein Gericht zu
belästigen braucht. Die Staaten, deren Erhaltung uns überaus teuer sein muß, würden sehr bald Ruin
erleiden, wenn man bei Verbrechen, die auf ihren Umsturz zielen, ebenso klare Beweise verlangen
würde wie in gewöhnlichen Fällen. Vor drei Tagen seid Ihr im Gespräch mit Freunden von Cinq-Mars
gesehen worden, die erneut hochverräterische Reden geführt haben. Der Euch bei ihnen gesehen hat, ist
vertrauenswürdig, da er sich in unserem Auftrag dort eingeschlichen hat. Und das genügt uns. Still«, kam
er Roberto gelangweilt zuvor, »Wir haben Euch nicht herkommen lassen, um Unschuldsbeteuerungen
von Euch zu hören, also beruhigt Euch und hört mir zu.«
Roberto beruhigte sich nicht, aber er zog einige Schlüsse: Zur selben Zeit, als Lilia seine Hand berührt
hatte, war er anderswo beim Konspirieren gegen den Staat gesehen worden. Mazarin war so überzeugt
davon, daß die Idee eine Tatsache wurde. Allenthalben tuschelte man, daß Richelieus Zorn sich noch
nicht gelegt habe, und viele fürchteten, als Opfer eines erneut zu statuierenden Exempels ausgewählt zu
werden. Wie immer es kam, daß gerade Roberto ausgewählt worden war, in jedem Fall war er
verloren.
Er hätte darüber nachdenken können, daß er oftmals, nicht nur an jenem Abend vor drei Tagen, beim
Verlassen des Salons Rambouillet sich noch ein Weilchen mit anderen unterhalten hatte, daß unter seinen
Gesprächspartnern leicht ein Vertrauter von Cinq-Mars gewesen sein konnte, daß also, wenn Mazarin
ihn aus irgendeinem Grunde verderben wollte, es genügt hätte, einen beliebigen Satz, der ihm von einem
Spion hinterbracht worden war, böswillig zu interpretieren ... Aber natürlich waren Robertos Gedanken
anderer Art und bestätigten seine Befürchtungen: Jemand hatte an einer aufrührerischen Versammlung
teilgenommen und sich dabei sowohl seiner Gestalt wie auch seines Namens bedient.
Ein Grund mehr, eine Verteidigung erst gar nicht zu versuchen. Unerklärlich blieb nur, warum - wenn er
schon verurteilt war - der Kardinal sich die Mühe machte, ihn über sein Schicksal aufzuklären. Er war
hier offenbar nicht der Empfänger irgendeiner Botschaft, sondern die verschlüsselte Botschaft selbst, das
Rätsel, das andere, die noch an der Entschlossenheit des Königs zweifelten, entschlüsseln sollten. Er
wartete schweigend auf eine Erklärung.
»Seht Ihr, San Patrizio, wenn wir nicht Träger jener kirchlichen Würde wären, mit der uns der Papst und
der Wunsch des Königs vor einem Jahr beehrt haben, würden wir sagen, es war die Vorsehung, die
Eure Unklugheit gelenkt hat. Ihr seid schon seit einiger Zeit beobachtet worden, da wir uns gefragt
haben, wie wir von Euch einen Dienst verlangen könnten, den Ihr bisher in keiner Weise verpflichtet
wart, uns zu leisten. Wir haben Euren Fehltritt vor drei Tagen als eine einzigartige Gabe des Himmels
betrachtet. Jetzt werdet Ihr uns etwas zu verdanken haben, und damit hat sich unsere Lage verändert,
um nicht von der Euren zu reden.«
»Euch etwas zu verdanken?«
»Euer Leben. Natürlich liegt es nicht in unserer Macht, Euch zu vergeben, aber wir können eingreifen.
Sagen wir, Ihr könntet Euch der Schärfe des Gesetzes durch Flucht entziehen. Nach ein oder zwei
Jahren wird die Erinnerung des Zeugen sicher nicht mehr so genau sein, und er wird schwören können,
ohne seine Ehre zu beflecken, daß nicht Ihr der Mann wart, den er vor drei Tagen gesehen hat. Und es
könnte sich herausstellen, daß Ihr zu jener Zeit ganz woanders Tricktrack gespielt habt mit Hauptmann
de Bar. Und so könnte Euch - wohlgemerkt, wir entscheiden noch nichts, wir nehmen nur an, und es
könnte auch das Gegenteil eintreten, doch wir vertrauen auf unsere richtige Sicht -, so könnte Euch volle
Gerechtigkeit widerfahren und die uneingeschränkte Freiheit wiedergegeben werden. Aber setzt Euch
doch bitte«, sagte der Kardinal. »Ich muß Euch eine Mission vorschlagen.«
Roberto setzte sich. »Eine Mission?«
»Eine delikate. In deren Verlauf, wir wollen es Euch nicht verhehlen, Ihr etliche Gelegenheiten haben
werdet, Euer Leben zu verlieren. Aber dies ist ein Handel: Ihr entgeht der Gewißheit des Henkers und
habt viele Gelegenheiten, heil und gesund zurückzukehren, wenn Ihr Euch klug anstellt. Ein Jahr voller
Widrigkeiten für ein ganzes Leben.«
»Eminenz«, sagte Roberto, der nun wenigstens das Bild des Henkers verblassen sah, »soweit ich
verstehe, ist es überflüssig, daß ich schwöre, bei meiner Ehre oder beim Kreuz, daß...«
»Wir würden es an christlicher Barmherzigkeit fehlen lassen, wenn wir ausschlossen, daß Ihr unschuldig
seid und wir das Opfer eines Mißverständnisses wären. Doch das Mißverständnis wäre in solcher [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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